MTV Malliß – Conow von 1919 e.V.

- Sport - Chronik lässt Vereinsgeschichte lebendig werden -

Alte, vergilbte Blätter üben einen unwiderstehlichen Reiz auf Neugierige aus. Da machen die dicht beschriebenen Seiten der betagten Chronik des MTV Malliß – Conow von 1919 e.V. keine Ausnahme.
In deutscher Schrift beginnt die Überlieferung mit dem Protokoll der Gründungssitzung, in dem es heißt: “Am 7.5.1919 fanden sich 16 junge Leute zusammen zwecks Gründung eines Turnvereins“. Sein Name: „Männerturnverein Malliß“ mit Sitz in Malliß und dem Vereinslokal Fritz-Reuter-Krug Malliß, Inhaber August Paetow. Der Monatsbeitrag für Erwachsene wurde auf 0,50 Reichsmark (RM), für bis 17 Jährige auf 0,30 RM festgelegt. Vorrangig war die Beschaffung von Turngeräten. Dafür sollte eine Spendenliste in Umlauf gebracht werden. (Anmerkung: Sie brachte lt. Niederschrift vom 2.7.des Gründungsjahres 501.- RM ein). Ein Gönner des Vereins spendete ein Reck und der Gastwirt Paetow gewährte, wenn nötig, dem Verein zudem ein Darlehen bis zu 500.- RM. Große Geldsorgen also schon damals, und die Altvorderen versuchten sie auch dadurch zu lindern, dass man mit umliegenden Vereinen wie Göhren oder Bresegard bei Eldena zusammenarbeitete, z.B. durch Nutzung des Turnraums in Göhren oder Sportgeräteausleihe beim Bresegarder Turnverein. Allerdings verlangte Letzterer dafür auch eine Vergütung.

In der 1.Satzung des jungen Vereins wurden neue Beschlüsse fixiert. So heißt der Verein nun „Männerturnverein Malliß – Conow“ mit dem Sitz in Conow, Post Malliß. Seine hehren Ziele lauteten: „Der Zweck des am 7.5.1919 gegründeten Männer - Turnvereins zu Malliß - Conow ist Gelegenheit und Anleitung zu geregelten Turnübungen zu geben als eines Mittels zur körperlichen und sittlichen Kräftigung.“ Weiter ist zu lesen, „…alle politischen und Parteibestrebungen sind ausgeschlossen….auch Personen von 14 – 17 Jahren können dem Verein als Turner - Zöglinge beitreten,… sind jedoch vor Vollendung des 17.Lebensjahres nicht stimmberechtigt.“

1. Vereinsvorsitzende war Turner Hesse, nicht verwandt mit heute ortsansässigen Bürgern von Conow oder Malliß! Er fungierte nur bis zum 3.12.1919. An diesem Tag erfolgte die Neuwahl des gesamten Vorstandes. Johann Hinrichs hieß nun der neue Vereinsvorsitzende. Anfangs wurde nur das starke Geschlecht aufgenommen, daher der Name „Männerturnverein“. Weibliche Sportlerinnen drängten dann aber mehr und mehr in den Verein, übten sich in Gymnastik und Turnen. Auf jährlichen Sportlerbällen wurde gemeinsam ausgelassen gefeiert, getanzt und vorgeturnt, immer nach dem Motto. “Frisch, froh. fromm, frei!“ (auch in der Reihenfolge „Frisch - fromm - fröhlich - frei!“) und dem Turnergruß „Gut Heil!“ Beeindruckend, wie viele Sportlerinnen und Sportler damals zu den monatlich einberufenen Vereinsversammlungen kamen. Lag es nur daran, dass es noch kein Fernsehen gab?
Die Übungsstunden, in den Wintermonaten einmal wöchentlich freitags von 19 - 21 Uhr, verliefen diszipliniert. Wer sich nicht dementsprechend verhielt, wurde aus dem Verein ausgeschlossen. Das geschah lt. Protokoll vom 3.12.1919 mit zwei namentlich genannten Turnern aus Conow bzw. Malliß.

Ballspiele, wie Faust - und Handball, und leichtathletische Disziplinen (Laufen, Staffelrennen, Hoch- und Weitsprung oder auch Kugelstoßen) nahmen aber immer breiteren Raum ein. Viele Urkunden sind aus jenen Zeiten erhalten. So lief beispielsweise Max Piede im Alter von zwanzig Jahren am 13.10.1929 die 3000m in 12:59 min und Otto Dittmann stieß auf einem MTV - Sportfest 1936 die Männerkugel 9,46m weit und belegte damit den 2.Platz.

Nach 1933 wurde auch der Malliß - Conower MTV von den Nationalsozialisten gleichgeschaltet. Eine von oben verordnete neue Satzung ist ein Beleg dafür. Der alte Turnergruß „Gut Heil! erklang nicht mehr.

Den ersten Namenswechsel gab es am 20.1. 1937 durch den Zusammenschluss des MTV mit dem im Ort ansässigen Eisenbahnverein zum „Verein für Leibesübungen und Reichsbahnsportabteilung Malliß - Conow“. Das wird in einem Protokoll vom gleichen Tag beurkundet, das auch der Vereinsvorsitzende Otto Dittmann und Vorstandsmitglied Max Piede unterzeichneten. Dittmann ging 1937 aus beruflichen Gründen nach Dessau und schlug mit Erfolg Max Piede als seinen Nachfolger vor.

Bis zum 13.2.1943 führte dieser die Vereinsgeschicke. Zu jener Versammlung kamen nur vier Sportler. Im knappen Protokoll ist zu lesen, dass man lediglich über Mitgliedsbeiträge beriet. Es sollte zu keiner weiteren Mitgliederberatung mehr kommen. Der Verein existierte nur noch auf dem Papier.

Nach dem Krieg hält man das zaghaft erwachende, neue sportliche Leben in Malliß und Conow auf losen Blättern fest, in Ordnern zusammengefasst. Zu Recht, denn den MTV Malliß - Conow von 1919 gab es nicht mehr. Dessen zwei Protokollbücher blieben durch Zufall erhalten, die Vereinsfahne nicht. Sie ist unauffindbar. Den Erzählungen des ehemaligen MTV - Turners Siegfried Köhn, Jahrgang 1921, ist zu entnehmen, dass sich nach 1945 die Conower Dorfjugend spontan zum vereinsfreien sportlichen Treiben zusammenfand und zum Beispiel oft Handball spielte. Erst fünf Jahre nach Kriegsende, am 10.5.1950, wurde auf einer Gründungsversammlung in der Ziegelei, von oben angeordnet, die „BSG Bau Malliß“ ins Leben gerufen. Erster Vorsitzende wurde Bruno Hoffmann. Er bekleidete dieses Ehrenamt nur bis 24.7.1950, da er auch Bürgermeister war und sich überlastet fühlte.

Schon am 28.11.1950 wurde aus „BSG Bau Malliß“ der Vereinsname „Betriebssportgemeinschaft VEB Ziegelei Malliß“ mit dem 1.Vorsitzenden Günter Erichsen. Er blieb es nur gut einen Monat; denn am 4.1.1951 wurde einstimmig Max Piede Vereinsvorsitzender. Wieder, kann man mit Fug und Recht sagen. Auch wenn es nicht mehr sein „MTV Malliß - Conow“ war.

Die Conower zogen nach und gründeten am 20.Juni 1950 im Saal der Gastwirtschaft Adolf Hesse die „Sportgemeinschaft Conow„ (DSG Conow) mit dem Vorsitzenden Johannes Jahnke. Aber schon sieben Monate später, am 28.1.1951, gaben sie aus finanziellen und materiellen Gründen auf. „ Da BSG Malliß bereits ein Reck besitzt und noch in diesem Monat in der Lage ist, Pferd und Barren zu kaufen, ist es für jeden Sportler eine Selbstverständlichkeit, dahin zu gehen, wo er die Möglichkeit hat, auch den Winter über im Training zu bleiben“, ist im Protokoll festgehalten. Den Mitgliederschwund vor Augen, ließ der Vorstand demokratisch über einen Zusammenschluss mit dem Mallißer Sportverein abstimmen. In geheimer Wahl kreuzten 13 Sportler Conow an, 22 Stimmzettel waren mit Malliß gekennzeichnet. Stimmenthaltungen gab es nicht. Der Zusammenschluss war vollzogen.
Bald folgen häufige Namenswechsel. Vereine kooperieren, beispielsweise durch Fußballspielgemeinschaften, wie Malliß/Neu Kaliß:

Am 4.12.1951 Vereinigung des Mallißer Sportvereins mit dem Heiddorfer Sportverein zur „BSG Aktivist Bergbau Malliß“. Am 8.8.1952 fusionierten „BSG Aktivist Neu Kaliß/Malliß“ und „BSG Ziegelei Malliß“ zur „BSG Aktivist Neu Kaliß/Heiddorf“ mit dem Vorsitzenden Theo Send.
1954 war die Rede von „BSG Lok Malliß“, die am 18.11.1957 im Beisein des Vorsitzenden Albert Hasselfeld aufgelöst wurde. Es erfolgte die Gründung der „BSG Aufbau Malliß“, die bis zur Wende 1989/90 bestehen blieb.

1990 besann sich der damalige Vorstand (Silvia Schulz, Rolf Laudan, Fritz Düwel, Reiner Erdmann, Ilka Amende, Monika Laudan, Eckard Kuhr, Hans - Heinrich Lindemann, Marcel Kretschmer) anhand zweier MTV - Chroniken , im Sportnachlass des langjährigen 1.Vorsitzenden Max Piede gefunden, auf den Traditionsnamen „MTV Malliß - Conow“ und ergänzte ihn zu „MTV Malliß - Conow von 1919 e.V.

Reiner Erdmann